Führung? Agil bitte!

Agiles Führen ist in aller Munde. In einer Zeit geprägt von Schnelligkeit und Komplexität kommt Führungskräften die wichtige Aufgabe zu, Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Und zwar agil bitteschön!

Insbesondere in den letzten vier Jahren hat sich unsere Arbeitswelt in rasantem Tempo verändert. 2017 berichteten rund die Hälfte der Führungskräfte, dass die digitale Disruption in ihren Branchen durch neue Player bereits signifikant zu spüren sei, verglichen mit erst 15 Prozent im Jahr 2015. Der digital getriebene Marktwandel bekommt heute auch zunehmend die Aufmerksamkeit auf Vorstandsebene. Während im Jahr 2015 die digitale Disruption in etwa 45 Prozent der Unternehmen auf Vorstandsebene nicht als relevant erachtet wurde, war dies – nur zwei Jahre später – nur noch bei 17 Prozent der Unternehmen der Fall (Quelle: Global Center for Digital Business Transformation, 2015 – 2017).

Um in dieser neuen Wirtschaft erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen Kapazitäten für schnelle Innovationen schaffen. Das bedeutet: Organisationen, Geschäftsmodelle und Mitarbeiter an das digitale Zeitalter anpassen.

Führungskräfte sind also gefordert! Wandel vorantreiben und – viel wichtiger – Mitarbeiter für diese Veränderung zu motivieren und zu befähigen. Was es dafür braucht?

  • Agilität, um veränderte Marktbedingungen zu antizipieren und sich schnell anpassen zu können
  • schnelle Entscheidungsfindung
  • kollaborative Teamarbeit
  • eine Kultur der Neugierde
  • Offenheit zu experimentieren und voneinander zu lernen
  • eine Risikotoleranz
  • die Fähigkeit, einen pragmatischen Standpunkt zu vertreten
  • eine Vision für das Unternehmen
  • aussagekräftige Leistungskennzahlen, um strategische Entscheidungen treffen zu können

Mein eigener Change Prozess 2016 als Geschäftsführerin einer Managementberatung hat mir gezeigt, dass die Komplexität, diese strategischen und operativen (Führungs-)Themen gleichwertig zu ‚bedienen‘ sehr fordernd ist. Wir haben in jenem Jahr ein neues Büro bezogen, uns strategisch neu ausgerichtet und die Zusammenarbeit komplett flexibilisiert: mit neuer IT, Telefonie, Kernarbeitszeit, modernes Büro mit Open Space und der Möglichkeit vom Home Office aus zu arbeiten. Neben dem finanziell nicht unerheblichen Investment war dies zunächst ein Motivationsschub für alle im Team. Doch schon nach wenigen Wochen machte sich Ernüchterung auf beiden Seiten breit. Zusammenarbeit musste von mir aktiv eingefordert und neu organisiert werden: Führung ergab sich plötzlich nicht mehr von allein. Und bei den Mitarbeitern herrschte Frust: nicht funktionierende IT, mehr Schnittstellen, weniger Informationsfluss. Da mussten wir mit Workshops mehrmals gegensteuern, um den Teamspirit aufrecht zu erhalten und Rollen im Team genau zu definieren.

Letztlich hat diese Situation den Ausschlag gegeben, dass wir ‚agiles Führen‘ oder ‚neue Führung‘ im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie definiert haben. Wir haben uns mit der IMD Business School in Lausanne/Schweiz zusammengeschlossen, um die Frage zu klären, welche Verhaltensweisen agile Führung ausmachen (Neubauer/Tarling/Wade 2017): wie sieht die agile Führungskraft aus?

Grafik Agile Führung

Aus der Analyse konnten wir Kompetenzen und Verhaltensweisen identifizieren, die Führungskräfte, die Unternehmen erfolgreich durch eine digitale Transformation führen, von denen unterscheidet, die dies weniger erfolgreich können. Neben dem, dass Führung in disruptivem Umfeld viele Ähnlichkeiten mit Führung unter stabileren Bedingungen aufweist, konnten wir auch nennenswerte Unterschiede identifizieren, die agiles Führen von bisherigen Führungsmodellen unterscheidet.

Kompetenzen, die in der digitalen Transformation zählen:

  1. Bescheidenheit:ich akzeptiere, dass andere mehr wissen als ich
  2. Anpassungsfähigkeit:schnelle Richtungsänderung bei geändertem Markt- und Kundenverhalten
  3. Visionär sein:Fokus auf eine konsistente Vision und Zielsetzung
  4. Engagement:die Führungskraft agiert als Coach, motiviert und fördert die Zusammenarbeit im Team

Darüber hinaus konnten wir drei Verhaltensweisen identifizieren:

  1. Hyperbewusstsein: konstante Marktbeobachtung, Erkenntnisgewinn und Rückschlüsse ziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben
  2. Informierte Entscheidungsfindung:Daten und Fakten analysieren statt Bauchgefühl
  3. Schnelles Agieren: auf neuen Wettbewerb und veränderte Kundenerwartungen reagieren

Sicher ist eins: Führen top-down ist out – es geht heute darum, Vertrauen und Begeisterung für Veränderung zu schaffen. Wie Sie selber agile Führungskraft werden? In unserem Buch ‚Agiles Führen‘ (Puckett/Neubauer) geben wir hilfreiche Tipps und Checklisten, wie Sie Ihre Führungsaufgabe neu definieren. Ein Patentrezept gibt es dabei nicht, Führung ist und bleibt ein Balanceakt. Mir persönlich hilft ein vertrauensvolles Netzwerk mit anderen Unternehmern und Führungskräften zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch und Lernen voneinander sowie bottom-up Feedback von meinen Mitarbeitern.

Über die Autorin – Nicole Neubauer

Nicole Neubauer ist Geschäftsführerin der metaBeratung GmbH. Gemeinsam mit ihrem Team unterstützt sie Menschen dabei, ihre Berufung zu finden. Nicole Neubauer verfügt über branchenübergreifende Erfahrung in der Personalauswahl und -entwicklung sowie 15 Jahre Erfahrung in der Beratung von mittelständischen Unternehmen und Großkonzernen. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist insbesondere die gezielte Entwicklung von Führungskräften insbesondere vor den geänderten Anforderungen an Führung in der digitalen Transformation.

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